Simon Schempp vereint beim Titelgewinn alle Stärken

Event-Datum: 
Dienstag, 21 Februar, 2017

Von seinen Kollegen Benedikt Doll und Arnd Peiffer auf Händen getrage, der Massenstartweltmeister "Simon Schemppion"

Als Simon Schempp zum ersten Mal in seinem Leben als Massenstart-Weltmeister aufgewacht ist, brauchte er nur den Fernseher einzuschalten. Die Wiederholung des Rennens seines Lebens bei der Biathlon-WM in Hochfilzen lief um 10 Uhr auf „Eurosport“. Und wenn er es verschlafen hat, kann er es sich am Dienstag um 19.30 Uhr noch einmal ansehen. So oder so, sein Mentaltrainer, dem Schempp vor laufenden TV-Kameras dankte, wird dem 28-Jährigen sicher empfehlen, das Video aufzunehmen. als Musterbeispiel für ein Rennen, in dem Schempp seine fünf größten Stärken kanalisiert hat und alle Zweifel vergessen ließ:
 
1. Mentale Stärke
Die Zweifel – von außen und vielleicht auch ein bisschen von innen – zu besiegen. Das war die große Aufgabe für den gebürtigen Mutlanger in den vergangenen 14 Tagen. Es schien ein Fluch auf Schempp zu lasten, der in seinem Leben schon sieben Staffel-, aber noch keine WM-Medaille gewonnen hatte. Letztlich gab eine SMS seines Mentaltrainers, vielleicht den Ausschlag dafür, dass sich der Uhinger an demselben Anstieg Gold sicherte, an dem er tags zuvor die Österreicher mit der Staffelmedaille davonziehen lassen musste. Der frisch gebackene Weltmeister verriet zwar nicht den Inhalt der SMS, wohl aber ihre Wirkung: „Jedes Mal, als ich sie durchgelesen habe, habe ich ein Lächeln zurückbekommen. Dadurch bin ich vom Kopf her frischer in das Rennen gegangen.“
 
2. Gesetz der Wahrscheinlichkeit
Anhand schlichter Wahrscheinlichkeitsrechnung argumentierte Schempp, dass nach 24 Podestplätzen im Weltcup auch einmal ein WM-Podium dabei sein musste. „Von der Wahrscheinlichkeit her musste es einfach mal aufgehen“, sagte Schempp. Dass es ­ausgerechnet im Massenstart klappte, war insofern im Nachhinein auch kein Wunder: Zwei von seinen drei Podestplätzen in dieser Disziplin hatte der Wahl-Ruhpoldinger in dieser Disziplin geholt. So einfach kann Biathlon sein.
 
3. Sicherheit am Schießstand
Kein Zufall war es auch, dass Schempp ausgerechnet in einer Disziplin sein Meisterstück ablieferte, die meist im Kampf Mann gegen Mann beim letzten Schießen entschieden wird. Sieben Schwergewichte der Biathlon-Szene stellten sich diesmal zeitgleich dieser Aufgabe. „Da war klar: Nur wer schnell mit Null durchkommt, hat die Chance zu gewinnen“, analysierte Schempp. „Da hat es jeder mit ein bisschen Risiko versucht.“ Er auch – und traf alle Scheiben sicher.  „Ich habe mich am Schießstand einfach sehr sicher gefühlt, auch weil es in der Staffel schon geklappt hat“, sagte der „Schemppion“.
 
4. Starker Endspurt
Eine seiner wichtigsten Fähigkeiten, die Spritzigkeit auf der Schlussrunde, schien Simon Schempp bei dieser WM schon wieder wie durch Zauberhand abhanden gekommen zu sein. Sowohl in der Staffel gegen den Österreicher Dominik Landertinger als auch in Sprint (9.), Verfolgung (10.) und Einzel (13.) konnte der 28-Jährige auf der Schlussrunde keine Plätze mehr gutmachen. Doch die gesicherte Medaille im Hinterkopf und der mögliche Weltmeistertitel vor Augen verliehen dem Schwaben Flügel: „Ich habe alles aus meinen Beinen geholt, was ich noch hatte.“ Und dank optimaler Regeneration vom Staffelrennen tags zuvor bis zum meisterlichen Massenstart hatte Schempp im Endspurt mehr Körner übrig als seine Konkurrenten.
 
5. Starkes Team im Rücken
Auch wenn Simon Schempp alleine über die Ziellinie fuhr – seine nach ihm kommenden Teamkollegen trugen ihn später gemeinsam freudestrahlend durchs Stadion. Benedikt Doll, Arnd Peiffer und Erik Lesser wussten um Schempps großen Traum. Schließlich fungierte der Schwarzwälder Doll, – absichtlich oder nicht – für Schempp als „Hase“, indem er drei Runden lang vorneweg lief, ehe er sich aus den Medaillenrängen schoss. „Ich habe mir auf den ersten Runden die Körner für den Schlussspurt gespart“, lautete Schempps Interpretation seiner Renneinteilung.
Wie Doll eine Woche zuvor als Sprint-Weltmeister, musste sich der Schwabe jedoch noch selbst zum Besten seiner Zunft krönen. Und diesen Wettbewerbsvorteil hat er für alle künftigen Rennen neu hinzugewonnen: Die Gewissheit, dass er bei einem Großereignis alle fünf Stärken miteinander vereinen kann.
Text-Quelle: swp.de
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geschrieben: 21. Februar 2017 - 10:05 ; letzte Änderung: 21. Februar 2017 - 10:07